- Larissa -
Mist! Lina und ihre Schwester mussten jetzt denken, dass ich sie verraten hatte. Dabei stimmte das gar nicht. Ich wusste zwar, dass mein Vater oft sehr geheimnisvolle Dinge tat, aber Dunkler Magier? Das hätte ich mir im Leben nicht erträumt!

Mein Vater hatte mich jetzt in mein Zimmer gebracht und mir befohlen, ihm zu helfen. Aber ich mochte keine dunkle Magie! Außerdem hatte er meine Freunde eingesperrt! Leider ließ mir mein Vater keine Wahl… Würde ich mich weigern, würde er mich auch einsperren. Was sollte ich jetzt bloß tun?!?

Auf einmal kam mir eine Idee. Ich musste meinen Freunden beweisen, dass ich nicht wie mein Vater war. Und ich wusste auch schon, wie ich das anstellen würde.

So leise ich konnte, schlich ich die Treppe hinunter. Da ich schon öfters runtergeschlichen war, um ein paar Kekse zu stibitzen, wusste ich ganz genau, welche Stufen ich auslassen musste, um ja kein Knarzen zu erzeugen.
Wie ich vermutet hatte, saß mein Vater wie immer in seinem Arbeitszimmer. Er lehnte in seinem Ohrensessel am Fenster und war vollkommen in ein Buch versunken. Wahrscheinlich ging es um das Amulett, denn alle paar Sekunden murmelte er etwas vor sich hin und kritzelte etwas in sein Notizbüchlein.
Am anderen Ende des Raumes, nur wenige Meter von mir entfernt, hing sein Schlüsselbund an einem Haken. Den musste ich erreichen.

Schritt für Schritt wagte ich mich vor und griff nach dem Eisenring. Der Schlüsselbund klimperte leise, als ich ihn vom Haken nahm. Im selben Augenblick grunzte mein Vater und bewegte sich. Stocksteif blieb ich stehen. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals.
Alles blieb ruhig. Mein Vater hatte sich nur anders hingesetzt und blätterte schon wieder in seinem Buch.
Erleichtert schlich ich mich wieder aus dem Arbeitszimmer hinaus und machte mich auf den Weg zur Kammer.

Nacheinander probierte ich die Schlüssel aus. Der sechste passte und die Tür schwang auf. Die Magieblase hatte sich inzwischen aufgelöst. »Kommt schnell raus!«, rief ich Louisa und Lina zu. »Und warum sollten wir dir noch trauen?«, fragte Lina skeptisch.
»Ich weiß, wie ihr euch fühlen müsst, aber ich wusste wirklich nicht, was mein Vater vorhatte. Außerdem helfe ich euch gerade, zu fliehen. Ich will euch als Freunde wirklich nicht verlieren.«
»Na gut…«, stimmte Louisa zu und schenkte mir ein schüchternes Lächeln. »Na dann, gut…«, murrte Lina.

Zu dritt folgten wir wieder dem silbernen Kompass und gelangten schließlich an eine schmale Tür. Mit Hilfe des Schlüsselbundes konnte ich die Tür problemlos öffnen und wir traten in einen kleinen Raum.
Dort stand ein Regal an der hinteren Wand, in dem zahlreiche Gegenstände und Schachteln untergebracht waren. »Die muss es sein!«, meinte Lina und nahm eine flache Schachtel vom obersten Regalfach.
Als sie sie öffnete, war die Luft von goldenem Glanz erfüllt. Ehrfürchtig nahm Lina das Amulett aus der Schachtel und gab es an Louisa weiter. Die reichte es schließlich mir.

Es war wirklich wunderschön!